Kirchengemeinde
Idensen-Mesmerode

 

 

 

 

 

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WererkenntSep24

Wer erkennt es – September 2024

So langsam werden die Tage schon wieder kürzer, der Sommer und die Leichtigkeit des Lebens scheinen für dieses Jahr vorbei. In den Sonnenstunden, die im Spätsommer noch zu genießen sind, kommt mir ein Lied immer wieder in den Sinn.

Hier der Text:

Draußen, wo der Fluss
Den Blutholzbaum und die Wüsteneiche brach,
Dampfen Holden-Wracks und kochende Dieselfahrzeuge
Bei fünfundvierzig Grad.

Die Zeit ist gekommen,
Zu sagen, es ist gerecht,
Die Miete zu zahlen,
unseren Beitrag zu zahlen.

Die Zeit ist gekommen,
Fakt ist Fakt.
Es gehört ihnen,
Lasst es uns zurückgeben.

Wie können wir tanzen,
Wenn unsere Erde sich dreht?
Wie schlafen wir,
Während unsere Betten brennen?

Wie können wir tanzen,
Wenn unsere Erde sich dreht?
Wie schlafen wir,
Während unsere Betten brennen?

Die Zeit ist gekommen,
Zu sagen, es ist gerecht,
Die Miete zu zahlen,
unseren Beitrag zu zahlen.

Vier Räder erschrecken die Kakadus
Von Ost-Kintore bis Yuendumu.
Die westliche Wüste lebt und atmet
Bei fünfundvierzig Grad.

Die Zeit ist gekommen,
Zu sagen, es ist gerecht,
Die Miete zu zahlen,
unseren Beitrag zu zahlen.


Die Zeit ist gekommen,
Fakt ist Fakt.
Es gehört ihnen,
Lasst es uns zurückgeben.

Wie können wir tanzen,
Wenn unsere Erde sich dreht?
Wie schlafen wir,
Während unsere Betten brennen?

Wie können wir tanzen,
Wenn unsere Erde sich dreht?
Wie schlafen wir,
Während unsere Betten brennen?

Die Zeit ist gekommen,
Zu sagen, es ist gerecht,
Die Miete zu zahlen,
unseren Beitrag zu zahlen.

Die Zeit ist gekommen,
Fakt ist Fakt.
Es gehört ihnen,
Lasst es uns zurückgeben.

Wie können wir tanzen,
Wenn unsere Erde sich dreht?
Wie schlafen wir,
Während unsere Betten brennen?

Wenn ich diesen Text höre, denke ich an zwei verschiedene Themen, die dieses Lied betrachten kann.

Zum ersten: Wir leben auf der Erde, wir leben von der Erde, und sie gehört uns nicht. Wir leben also sozusagen zur Miete. Die Miete bezahlen hieße endlich einmal Umweltschutz zu leisten und sich um unser gemietetes wirklich zu kümmern. Jahrelang habe ich vermutet, dass es genau um dieses Thema geht.

Als ich heute mir den Liedtext angeschaut habe, fiel mir das zweite Thema auf: Wir sind in Australien (erkennbar an den Orten Ost-Kintore und Yuendumu) und es geht um die Ungerechtigkeit von den Einwanderern zu den Ureinwohnern. Das gleiche Thema könnte auch in Amerika mit den Indianern thematisiert werden. Australien also, ein unwirtliches Land mit vielen giftigen Tieren. Und dennoch wird dieses Land den Aborigines gestohlen. Im Text heißt es: „Die Zeit ist gekommen, Fakt ist Fakt. Es gehört ihnen, Lasst es uns zurückgeben“

Damit wir wissen, worüber wir sprechen, hier eine kurze Zusammenfassung der Geschichte Australiens:

„Wohl - ganz genau weiß man das nicht - als erster Europäer entdeckte ein Niederländer namens Willem Jansz schon im Jahre 1606 einen Zipfel von Australiens Nordosten. Entscheidend für den weiteren Verlauf der Geschichte wurde allerdings der Seefahrer James Cook, der 1770 an der Ostküste anlandete und das Land im Namen der britischen Krone in Besitz nahm. Dies war die Geburtsstunde von New South Wales.

Die Briten bezeichneten Australien bei ihrem Eintreffen als Terra Nullius und sprachen den Bewohnern keinerlei Rechte zu. 1788 trafen die ersten Strafgefangenen der Briten ein und gründeten Port Jackson. Später sollte dieser Ort einmal Sydney heißen. Von dort aus ging es aber weiter: Tasmanien, Westaustralien, Südaustralien, Victoria und Queensland folgten. Übrigens waren 15 von 100 Strafgefangenen Frauen. Die meisten waren allerdings keine Schwerverbrecher, sondern mussten wegen geringer Vergehen ihre Strafe absitzen.

Als Gold in Australien gefunden wurde, suchten viele Menschen ihr Glück dort. Man versuchte den Aborigines, die völlig frei lebten, die europäischen Lebensformen aufzuzwingen

1788, dem Jahr der Ankunft der Europäer, lebten nur 860 weiße Menschen in Australien. 1888 waren es schon 3 Millionen. Wie ging das so schnell?

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts hatte man in Australien Goldvorkommen entdeckt und dies führte zu einer großen Einwanderungswelle. Es folgten Strafkolonien, aber auch weitere Siedler, die ihr Glück auf dem neuen Kontinent suchten. 1868 stellte man übrigens die Ansiedlung der Strafgefangen ein. Mehr als 160.000 Häftlinge hatte man bis zu diesem Zeitpunkt nach Australien verschifft.

Gleichzeitig ging der Anteil der Aborigines vom Zeitpunkt der Ankunft der Briten bis 1901 von 315.000 auf 95.000 Menschen stark zurück. Die Gewalt der britischen Siedler und die Einführung von Krankheiten trugen ihren Teil dazu bei. Vor allem die von den Siedlern eingeschleppten Krankheiten machten den Menschen zu schaffen, sie hatten keinerlei Widerstandskräfte gegen diese.“ https://www.kinderweltreise.de/kontinente/australien/australien/daten-fakten/geschichte-politik/

Heute leben noch ungefähr 600.000 Aborigines in Australien, von insgesamt 26 Mio. Einwohnern.

Im Text heißt es weiter: „Wie können wir tanzen, wenn unsere Erde sich dreht? Wie schlafen wir, während unsere Betten brennen?“ Der Slogan „die Erde dreht sich weiter“ wird gerne verwendet im Sinne von, dass das Leben weiter geht, auch wenn etwas Schreckliches passiert. Noch schlimmer ist es doch, wenn unsere Betten brennen, während wir schlafen? Das zeigt eine direkte Bedrohung unseres Lebens, nicht nur die Gleichgültigkeit des Vergnügens bei dem Bestehen von Ungerechtigkeiten.

Die Bedrohung besteht wohl nicht für die Einwanderer bzw. deren Nachfahren, sondern für die Ureinwohner, die ohne Land und ohne Rechte leben, und deren Anzahl immer geringer wird. Würde es ein Weltkulturerbe auch für Menschengruppen geben, so müssten die Ureinwohner Australiens hier geschützt werden. Dort gibt es aber nur besondere Stätten der Welt.

Wie sehen denn heute das Leben und die Rechte von Aborigines aus? „Auch heute noch müssen Aborigines gegen Rassismus kämpfen und es kommt immer wieder zu gewaltsamen Angriffen, insbesondere auf Aborigines in Polizeigewahrsam. Ihre im allgemeinen schlechteren Lebensbedingungen tragen auch zu hoher Kindessterblichkeit und hohen Selbstmordraten bei. Aborigines haben eine deutlich geringere Lebenserwartung als der Rest der australischen Bevölkerung und unverhältnismäßig viele Aborigines verbüßen Haftstrafen.

In einer richtungsweisenden Entscheidung des Obersten Gerichts 1992, bekannt als Mabo-Fall, wurde das rassistische „terra nullius"-Prinzip gekippt, das bis dahin in Australien die rechtliche Grundlage für den Umgang mit Landansprüchen der Aborigines gewesen war. Im Mabo-Fall wurde zum ersten Mal anerkannt, dass die Aborigines auf große Teile des ländlichen Australiens einen indigenen Anspruch (Native Title) haben. Viele Aborigines-Gemeinden, beispielsweise die Martu im Westen Australiens, haben das Urteil seitdem genutzt, um die rechtliche Anerkennung ihres angestammten Gebietes zu erreichen. Viele andere Gemeinden sind jedoch an den rechtlichen Hürden gescheitert, die die Regierung in der Gesetzgebung für Landrechte vorsieht.

2007 verursachte ein Bericht über sexuellen Missbrauch und Gewalt in Aborigines-Gemeinden im australischen Northern Territory eine große Kontroverse. Die Regierung reagierte noch im gleichen Jahr mit der “Northern Territory National Emergency Response” (Nationaler Notfallplan für das Northern Territory). Einige der darin enthaltenen Maßnahmen, etwa die Aufhebung kommunaler Kontrolle der Aborigines über ihr Land und die Zwangsaneignung einiger Gemeinden, verursachten unter Aborigines viel Unmut.“ https://www.survivalinternational.de/indigene/aborigines

Halten wir fest: es geht ihnen nicht gut. Es wird über sie entschieden und sie können mit ihrem eigenen Land nicht agieren, da es rechtlich nicht als ihr Land anerkannt ist.

Ein Lied also, das auf die Rechte von Minderheiten hinweist. Als Christen sollten wir das verstehen, waren wir selber doch eine Minderheit, verfolgt im Römischen Reich, wurden gequält und gekreuzigt. Und wenn unsere eigene Geschichte nicht ausreicht, so sollte es uns die Nachfolge von Jesus Christus anzeigen, zu den Schwachen der Gesellschaft zu stehen. So steht z.B. in der Apostelgeschichte 20,35: „Ich habe es euch alles gezeigt, dass man also arbeiten müsse und die Schwachen aufnehmen und gedenken an das Wort des HERRN Jesu.“

Und? Wer hat es erkannt? Es ist das Lied „Beds are burning“ von Midnight Oil.

Beds Are Burning ist ein politisches Lied, es handelt von der Rückgabe von Land an die Pintupi, einen australischen Aborigines-Stamm. Der Stamm wurde erst in den 1930ern in der Gibsonwüste entdeckt, es folgten gewaltsame Vertreibungen in den 1950ern und 1960ern in die Siedlung Papunya, weil ihr Lebensraum aufgrund von Atomwaffentests mit den Blue-Streak-Missiles nuklear kontaminiert wurde. 1981 kehrte er an seinen Ursprung zurück, wo die Stammesangehörigen die Siedlung Kintore gründeten. Bei den Olympischen Sommerspielen 2000 spielte Midnight Oil den Song auf der Abschlussfeier, ganz in Schwarz gekleidet und mit der weißen Aufschrift „sorry“ auf ihren Hemden und Hosen. https://de.wikipedia.org/wiki/Beds_Are_Burning

Eine interessante Betrachtung des Liedes findet sich hier. Ein Auszug:

„Wie können wir (ruhig) schlafen, während doch das Bett, in dem wir liegen, brennt. Darin liegt in der Tat sozialer Zündstoff. Wir tanzen, vergnügen uns, während die Erde sich weiterdreht. Wird uns nicht irgendwann schwindelig? Zeit zu handeln, Zeit zum Innehalten. Das ist die Botschaft.

So richtig angekommen ist sie noch nicht. Die Erde dreht sich weiter. Immer neue Probleme kommen hinzu. Nicht nur das australische Outback heizt sich auf, die gesamte Erde – auch wenn wir zur Zeit in Deutschland nichts davon spüren…brrr.

Midnight Oil gibt es als Band nicht mehr. Ihr Leadsinger Peter Garrett war Umwelt- und Kulturminister, jetzt ist er Minister für Bildung und Kinder-und Jugendangelegenheiten in der australischen Regierung.

Ihre Botschaft ist immer noch notwendig und ihre Musik hörenswert, finde ich.“ https://10uta02.wordpress.com/2010/12/15/beds-are-burning-midnight-oil/

Ich wünsche uns allen, dass wir wenig die Ungerechtigkeit der Welt spüren. Und wenn wir sie spüren, dass dann jemand da ist, der sich für uns einsetzt und Rechte für uns einfordert.

geschrieben von Kirsten Gutleben

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