Wer erkennt es – März 2021
Ein neuer Monat – ein neues „Wer erkennt es“. In diesem Monat habe ich ein Lied heraus gesucht, das mich schon lange begleitet. Ein Lied, welches einen im Herzen berührt. Aber lesen Sie selbst den Text:
Sie ruft dem Mann auf der Straße zu
"Können sie mir helfen?
Es ist kalt, und ich habe keinen Platz zum Schlafen
Können sie mir sagen ob es hier irgendwo einen gibt?"
Er geht weiter, schaut nicht zurück
Er tut so als könne er sie nicht hören
Fängt an zu pfeifen als er die Straße überquert
Scheint ihm peinlich dort zu sein
Oh, denk zweimal nach, denn es ist ein weiterer Tag
Für dich und mich im Paradies
Oh, denk zweimal nach, denn es ist ein weiterer Tag
Für dich, dich und mich im Paradies
Denk drüber nach
Sie ruft dem Mann auf der Straße zu
Er kann sehen, dass sie geweint hat
Sie hat Blasen an den Fußsohlen
Sie kann nicht gehen aber versucht es
Oh, denk zweimal nach, denn es ist ein weiterer Tag
Für dich und mich im Paradies
Oh, denk zweimal nach, es ist nur ein weiterer Tag
Für dich, dich und mich im Paradies
Denk einfach drüber nach.
Oh, Herr, gibt es nicht mehr was irgendjemand tun kann?
Oh Herr, es muss doch etwas geben, was du sagen kannst.
Du kannst an ihren Gesichtszügen ablesen
Du kannst sehen, dass sie dort war
Vermutlich von jedem Ort vertrieben
Weil sie dort nicht hinpasste
Oh, denk zweimal nach, denn es ist ein weiterer Tag
Für dich und mich im Paradies
Oh, denk zweimal nach, es ist nur ein weiterer Tag
Für dich, dich und mich im Paradies
Denk einfach drüber nach
Mhm denk drüber nach
Es ist nur ein weiterer Tag
Für dich und mich im Paradies
Es ist nur ein weiterer Tag
Für dich und mich im Paradies
Paradies
Denk einfach drüber nach
Paradies
Denk einfach drüber nach
Darüber nachdenken, ja, das ist ein guter Anfang. Und nach dem Nachdenken könnten (und sollten) ja auch Taten folgen.
Als das Lied jetzt wieder im Radio gespielt wurde, musste ich sofort an die diesjährige Jahreslosung denken. Diese lautet in diesem Jahr: „Jesus Christus spricht: Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist!“ Aber was ist Barmherzigkeit eigentlich? Die umgangssprachliche Formel „Mitleid und Barmherzigkeit“ deutet an, dass hier Unterschiedliches vorliegt. Mitleid ist Mitfühlen; Barmherzigkeit dagegen ist die unverdiente, aber großzügige Zuwendung in bedingungsloser Liebe. Barmherzigkeit und Mitleid sind keine Einbahnstraßen. Da ist nicht einer, der nur zu geben, und einer, der nur zu empfangen hat.
Barmherzigkeit und Mitleid sind schon gar kein Herabbeugen von hoher Warte: Mir geht es gut, aber weil ich gnädig bin, gebe ich dir etwas ab, kümmere mich um dich. Barmherzigkeit liegt in gegenseitiger Anteilnahme. Sind wir ehrlich: Wenn uns jemand bei etwas unterstützen will und dies mit einer Geste von oben herab tut, dann macht es uns das fast unmöglich, diese Hilfe anzunehmen.
In einer alten Tradition spricht man von der »Imitatio dei«, das heißt, von der Nachahmung Gottes. Als Nachfolge Jesu oder Nachahmung (lat. imitatio) Christi oder einfach als Nachfolge bezeichnen Christen eine Lebensweise, die sich von Jesus Christus leiten lassen will und im Glauben an seine Lehre und sein Vorbild ihm ganz zu folgen versucht. Sie beziehen sich dabei, wie die Urchristen, auf die Einladung Jesu von Nazareth an seine ersten Jünger „Komm und folge mir nach!“, die sie dazu bewog, ihn auf seiner Wanderschaft zu begleiten und an seiner Botschaft mitzuwirken. In der Christentumsgeschichte haben sich verschiedene Lebensformen entwickelt, die sich als Nachfolge Jesu Christi verstehen. (https://en.wikipedia.org/wiki/Imitation_of_God)
Die Aussage von Jesus: „Komm und folge mir nach“, kann so verstanden werden. »Mach’s wie Gott, werde Mensch«. Gott nachzuahmen, meint gerade nicht, Gott spielen oder über andere herrschen zu wollen, im Gegenteil, es meint ganz bescheiden, Mensch zu werden, menschlich im wörtlichen Sinne; ein Mensch, der in Anteilnahme zu anderen Menschen steht, barmherzig ist, Mitleid, Mitgefühl empfinden kann.
Barmherzigkeit im Alltag, heißt achtsam miteinander umgehen. Es heißt, Menschen zu unterstützen, ohne Anfrage, ohne Belohnung, einfach so.
Barmherzigkeit im Alltag heißt auch, auf die Rufe nach Frieden und Essen aus der Ferne zu achten und diese Not sich selbst und anderen für Mitgefühl bewusst machen und tätig zu werden.
Dann wäre die Welt ein besserer Ort. Dann hätte der Ruf von Menschen aus der Nähe und aus der Ferne offene Herzen gefunden.
Herzen, die Resonanzen aufnehmen und selbst ins Schwingen kommen.
Dann sind unsere Herzen bereit, Gott nachzuahmen: Barmherzig und gütig und voller Mitgefühl.
Und? Wer hat es erkannt? Es ist „Another Day in Paradise“, geschrieben von Phil Collins und Hugh Padgham. Sie wollen mit dem Lied auf das Problem der Obdachlosigkeit aufmerksam zu machen. Nach der Veröffentlichung in den USA im Dezember 1989 belegte das Stück vier Wochen Platz eins der Billboard-Charts. 1991 erhielten die beiden Songschreiber für dieses Lied einen Grammy als Aufnahme des Jahres. 2009 wurde Collins Version auf Platz 86 bei Billboard's Greatest Songs of All Time gelistet.
„Another Day In Paradise" versucht das unangenehme Gefühl zu thematisieren, dass Menschen ereilt, wenn sie der manifestierten Armut aus dem Weg gehen müssen, wenn sie die Obdachlosigkeit nicht ausblenden können. Phil Collins kritisiert, dass Menschen versuchen die Armut im Alltag einfach auszublenden“ (https://www.80s80s.de/musik/songinfos/phil-collins-another-day-paradise)
Das Bild vom letzten Mal wurde aufgenommen beim Erntedank-Gottesdienst im letzten Jahr. Der Gottesdienst wurde unter einem Zirkuszeltdach gefeiert und hat so eine ganz besondere Stimmung gegeben.
Ich wünsche uns allen viele Tage im Paradies, hier auf Erden, mit viel Empathie füreinander. Hoffentlich begleitet uns die Jahreslosung nicht nur im Kopf, sondern auch im Herzen.
geschrieben von Kirsten Gutleben
