Kirchengemeinde
Idensen-Mesmerode

 

 

 

 

 

 

Frieden – das war mal anders…

Früher war nicht alles besser, aber manches anders. Früher war der mutig und tapfer, der für sein Land in den Krieg zog. Der Person war ihre Stärke bewusst – sowohl physisch als auch psychisch. Die Zeiten haben sich geändert. Das Motto der Sternsinger-Aktion 2019/2020 hieß: Mut zum Frieden. Heute ist also derjenige Mensch mutig, der Frieden hält. Wie kommt so etwas zustande?

Je stärker sich die Kräfte zwischen beiden Parteien unterscheiden, umso leichter ist, es Krieg zu führen. Der „Sieg“ ist eine Frage von Ausrüstung oder Technologie. Und so haben in den letzten 70 Jahren starke gegen schwächere Länder Krieg geführt oder Volksgruppen gegen Volksgruppen, die von starken Ländern unterstützt wurden. Als ich vor vielen Jahren noch zur Schule ging, galt die Person, die sich mit Schwächeren anlegt, als feige. Heute gilt es als souverän, wenn man vom Golfplatz aus eine Drohne beordert, einen Menschen zu töten. So kann die Freizeitbeschäftigung ungehindert weitergehen – die Präzision wird es schon richten. Krieg und Provokation waren noch nie so einfach – im Großen und im Kleinen.

Wir haben es aktuell mit einigen Staats­chefs zu tun, die mit einem übertriebenen Patriotismus die Gefahr von anderen Seiten sehen. Anstatt den mühsamen Weg des Dialoges zu gehen, gibt es einen „Schuss vor den Bug“ des Gegners. Was früher ein Sprichwort war, ist nun Realität. Solche Angriffe gehen einfach und ohne dass man das eigene Volk in Gefahr bringt und somit auch den Rückhalt in der Bevölkerung nicht verliert: Mit großen Reichweiten und ferngesteuert geht es auf den Gegner zu. Wir kennen alle diese Bilder. Vor zwei Jahren kam ein Video bei Youtube zum Vorschein, das die Gefahr noch mehr verdeutlicht: Minidrohnen, die kaum sichtbar anfliegen, können Menschen zielsicher töten. Sie sind kleiner als eine Handfläche und fliegen durch offene Fenster: Ein Horrorszenario. Nachzusehen ist das Video übrigens hier:

Mit einem Rechtsstaat und der damit verbundenen Gerichtsbarkeit hat das nichts zu tun – auch wenn wir den internationalen Gerichtshof von Den Haag haben.

Viel zu schnell sind wir heute mit Vorverurteilungen konfrontiert. Es passiert etwas, und schon kurze Zeit später gibt es ein scheinbares Ermittlungsergebnis. Vermutungen werden zu Urteilen. Wir haben es so manches Mal erlebt, dass nach Anschlägen die russische Regierung beschuldigt wurde und diese aber sofort alles bestritt. Schwierig ist es, die Wahrheit zu finden. Aber ist es nicht unsere Pflicht zu fragen, was wäre, wenn es in diesem Beispiel Russland nicht wäre? Die Unschuldsvermutung aus dem Strafrecht könnte auch im internationalen Kontext helfen. Die Diplomatie, also das aktive Suchen nach Kompromissen unter Abwägung der gegenseitigen Interessenlagen, muss wieder mehr als Friedensstifter gesehen werden. Die Aggressivität, der Kampf und der Krieg passieren vor allen Dingen dann, wenn nicht geredet wird und keine Einsicht herrscht.

Im Kleinen betrachtet, also in unserem lokalen Mikrokosmos, ist es ja auch nicht besser. Auf den Straßen erleben wir auch eine Art von Krieg – eine 30-km-Fahrt auf der Autobahn 2 reicht aus, um zu dieser Einsicht zu kommen. Die Verkehrsteilnehmer werden immer aggressiver – egal ob Radfahrer, Autofahrer oder LKW-Fahrer. Viele Menschen sind bedacht auf den eigenen Vorteil, die eigene Zielsetzung und das eigene Recht. Die aktive Suche nach Kompromissen unter Abwägung der gegenseitigen Interessenlagen unterbleibt. Dabei funktioniert es, wie man beim Verkehr in anderen Ländern wie Schottland oder Schweden sehr wohltuend merken kann. Frieden und Toleranz sind auch eine Frage der inneren Einstellung.

In der Bergpredigt bei Matthäus 5 heißt es: „Selig sind die Friedfertigen.“ Heißt für uns: Frieden zu halten, macht glücklich. Frieden hat viel mit Toleranz zu tun, mit Nachgiebigkeit und sicherlich auch mit Kommunikation. Das bedeutet, dass man sich nicht über jedes Versehen aufregt. Es lohnt schon, beim ersten Mal nur auf einen Fehler hinzuweisen und sich erst beim zweiten Mal aufzuregen. Ein einfaches Beispiel macht es deutlich: Sie fahren mit dem Zug, und die Person neben Ihnen breitet die Tageszeitung so aus, dass Sie sich eingeschränkt fühlen. Zunächst folgt ein Hinweis, es zu unterlassen, sachlich und mit der notwendigen Gelassenheit. Erst bei der Wiederholung sollte man deutlicher werden.

Eine solche Vorgehensweise schafft im Alltag schon einmal viel Frieden. Wenn man es dann schafft, einen Menschen nicht in eine Schublade zu stecken, sondern einer offenen Begegnung zugewandt ist, wird vieles möglich. Frieden fängt bei uns selbst an und geht einher mit einer ausgeprägten Gerechtigkeit unter Bewahrung der Welt, in der wir leben – der Schöpfung.

Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen.

Jörg Mecke

 

 

 

 

 

 

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